[Rezension],  Slidebar

Du wolltest es doch | #VictimBlaming

Waschzettel
Originaltitel: Asking for it
Autorin: Louise O’Neill
Verlag: QUERCUS PUB INC
ET: 2016

Deutscher Titel: Du wolltest es doch
Übersetzerin: Katarina Ganslandt
Verlag: Carlsen Verlag
ET: 2018
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Meinung

Du wolltest es doch! Nicht selten wird Opfern die Schuld an der Tat zugeschrieben. Nicht nur von der Gesellschaft, sondern auch auf Seiten der Rechtslage. Als #VictimShaming wird dieses katastrophale Phänomen in der heutigen Zeit benannt. Welche fatale Auswirkungen dies nicht nur, aber insbesondere auf die beschuldigten Opfer hat, zeigt Louise O’Neill schmerzhaft realistisch auf. Ihr Buch klärt auf literarische Art auf, wie der Jetzt-Zustand ist, es aber nicht sein sollte.

Vorab war ich skeptisch, was mich in dem Buch erwarten würde. Gehört hatte ich viel positives, aber auch bereits kritische Stimmen. Von daher war ich gespannt, welche Emotionen Du wolltest es doch in mir auslösen würdenNunja, was soll ich sagen?

Beim Lesen kam ich des öfteren an einen Punkt purer Verzweiflung über das Gelesene. Ich wollte und konnte einfach nicht glauben, was ich da las. Doch dann hielt ich inne und fing an Nachzudenken.

Über eigene Erfahrungen:

Am liebsten würde ich meine Erinnerung mit den Worten „Zwar habe ich nur…erfahren“ einleiten. Das erlebte runterspielen und als Lappalie darstellen. Doch fängt nicht bereits hier das Problem an? Klein machen unserer eigenen Erfahrungen, weil wir Angst vor den Reaktionen anderer haben. Dass wir als lächerlich gelten, uns über so etwas zu „beschweren“. Im Vergleich zu so vielen anderen Frauen und Mädchen war es natürlich nur eine Kleinigkeit. Aber für mich persönlich dennoch Prägend genug, dass ich heute, gut 5 Jahre später hin und wieder nach wie vor daran zurückdenke. Immer wieder spiele ich die Szene in Gedanken nach, mit dem Unterschied, dass ich diesmal „Lass das!“ sage, und die Hand von meinem Oberschenkel weg schiebe. Damals habe ich stumm ausgeharrt. Doch es ist wichtig, uns allen bewusst zu machen, dass wir nicht so mit uns umgehen lassen sollten.

Wir sind ein starkes Geschlecht, dass selbst darüber entscheiden darf, wer uns wie und wann berührt.

Über Erfahrungen von Freundinnen:

Eine Freundin, die von der Rechtslage in die Opferrolle gedrängt wurde, weil sie eine sehr offene Art gegenüber Menschen an den Tag legt. Ein männlicher Freund war zu Besuch, der plötzlich mehr wollte. Sie hatte Glück, ihre Eltern waren Zuhause und reagierten. Doch als die Polizei eingeschaltet wurde, nutzte der Junge seine Chance und stellte sich selbst als Opfer dar: Besagte Freundin flirtet oft und gerne mit Freunden, ist offenherzig (Du wolltest es doch!). Schnell wurde ihre Opferrolle in Frage gestellt. Scheinbar unwichtig hierbei, dass sie offensichtlich Nein gesagt hatte, egal was vorher war. Ihre Eltern mussten eingreifen, um schlimmeres zu verhindern. Selbst Monate später hatte sie noch Probleme in Bezug auf sexuelle Aktivitäten, bei denen sie aus freien Stücken einwilligte.

Nur weil wir vorher (scheinbares) Interesse zeigen, ist das keine Freikarte, wenn wir später Nein sagen.

Fazit

Dieses Buch rüttelt den Leser wach, regt ihn zum Nachdenken an und kann so hoffentlich ein wenig für das polarisierende Thema sensibilisieren. Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen dieses Buch lesen werden. Frauen, um den Mut zu finden, präventiv Nein zu sagen oder im Nachhinein die Kraft zu finden, zu ihrer Opferrolle zu stehen (denn das ist oft mindestens genauso schlimm für Betroffene wie der Vorgang selbst). Männer, um zu erkennen was in dieser grausamen Welt immer wieder vor sich geht und an unserer Seite für eine Besserung einzustehen.


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Das Print Buch wurde mir vom Carlsen Verlag über das Portal Netgalley zur Verfügung gestellt.

5 Kommentare

  • Nicole

    Ist ein Buch das auch noch auf meiner Wunschliste steht, natürlich aufgrund des Themas, auch wenn ich kritische Stimmen gehört habe. Am Ende tut das Buch aber etwas wichtiges: Es sorgt dafür das man diskutiert und sich mit der Thematik auseinandersetzt, egal ob man es nun gelungen findet oder nicht. Ich habe leider auch schon meine Erfahrungen gemacht und spiele die ähnlich wie du gerne runter, aber da hast du recht: Das ist falsch. Was mich aber noch viel mehr schockt: Das alle die ich kenne schon von Sexismus betroffen waren und jeder da eine Erfahrung oder mehrere hat die er teilen kann und das ist traurig und sollte heutzutage nicht mehr der Fall sein.

    • Nika

      Huhu Nicole!

      Auf Grund dieser aktuellen und wichtigen Thematik war es mir auch so wichtig, diese Rezension so persönlich zu gestalten. Es ist wirklich erschreckend wie viele Menschen diese Problematik betrifft. Viel zu lange wurde darüber geschwiegen, sodass wir nun an diesem Punkt sind alles runterspielen zu wollen. Vor dem Veröffentlichen des Beitrags war ich auch sehr verunsichert, da auch viele Bekannte & Familienmitglieder meinen Blog lesen. Da kommt schnell mal der Gedanke auf, was diese dazu denn wohl sagen werden. Man schämt sich geradezu für seine Erfahrungen…
      Schlimm ist aber auch, dass man häufig nicht nur seine eigenen Erfahrungen, sondern dadurch auch Erfahrungen anderer runterspielt bzw solche Situationen gerne Beiseite schiebt und lieber wieder vergisst.
      Umso mehr „freut“ es mich, wie sehr dieses Thema derzeit zu einem Erfahrungsaustausch anregt & freue mich daher über deinen ebenfalls persönlichen Kommentar (wenn auch ich es natürlich schrecklich finde, dass du ebenfalls Sexismus erleben musstest!).

  • Ramona

    Liebe Nika,

    danke, dass du dem Buch eine Chance gegeben hast.
    Ich war auch sehr aufgewühlt, nachdem ich es gelesen hatte und konnte meine Gefühle nur sehr schwer in Worte fassen.
    Ich kann es aber jedem nur ans Herz legen.

    Viele Grüße
    Ramona

  • Jacquy

    Das Buch ist wirklich wichtig, aber sicher schwer zu lesen. Gerade weil es so realitätsnah ist, nimmt es einen sehr mit, egal auf welchem Level man selbst Erfahrungen mit dem Thema gemacht hat. Fast jede Frau wurde schon mal auf die eine oder andere Art belästigt und bedrängt und ich finde es gut, dass du deine Erfahrungen mit in den Beitrag aufnimmst. Das zeigt noch mal, dass sowas wie im Buch kein Ausnahmefall ist.

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